Ertragswertverfahren: So werden Immobilien als Investitionen bewertet
Das Ertragswertverfahren ist eines von drei durch BauGB und ImmoWertV genormten Wertermittlungsverfahren für den Marktwert (auch: Verkehrswert) von Immobilien. Zur Immobilienbewertung werden auch Sachwertverfahren und Vergleichswertverfahren eingesetzt. Das Ertragswertverfahren kommt vor Allem bei vermieteten Objekten zum Einsatz. Es stellt rechnerisch die potentiellen Einnahmen durch die Immobilie dar.
Lesedauer: ca. 8 Minuten
Inhalt:
- Wozu das Ertragswertverfahren?
- Diese Faktoren zählen beim Ertragswertverfahren
- Der Bodenwert im Ertragswertverfahren
- Der Liegenschaftszins als Grundlage des Ertragswertverfahrens
- Der Ertrag im Ertragswertverfahren
- Die Restnutzungsdauer im Ertragswertverfahren
- Der Gebäudezustand im Ertragswertverfahren
- Wie bewerte ich im Ertragswertverfahren? – Eine Formelsammlung
- Ein Beispiel für das Ertragswertverfahren
- Das Ertragswertverfahren, Ihre Kapitalanlage & Wir
Wozu das Ertragswertverfahren?
Das Ertragswertverfahren kommt immer dann zum Einsatz, wenn der Wert einer Immobilie als Kapitalanlage betrachtet wird. Es hat damit eine klar definierte Aufgaben neben Vergleichswertverfahren und Sachwertverfahren. Beide sind nicht in der Lage den Wert vermieteter Immobilien akkurat zu beschreiben.
Denn vermietete Immobilien folgen eigenen Regeln. Für Eigennutzer sind vor Allem Zustand, Lage und Ausstattung von Bedeutung. Das ist bei Renditeimmobilien anders. Für potentielle Käufer von Kapitalanlagen kommt es darauf an, wie hoch die Gewinnausschüttung liegt. Das Ertragswertverfahren gibt Aufschluss darüber, wie viel eine Immobilie kosten darf, um dieselbe Gewinnausschüttung, wie vergleichbare Immobilien abzuwerfen.
Teilweise wird das Ertragswertverfahren auch bei privat genutzten Eigentumswohnungen eingesetzt, da potentielle Käufer an der Vermietung interessiert sein könnten. Als „stützende Methode“ ergänzt es hier das Vergleichswertverfahren.
Diese Faktoren zählen beim Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren verfügt über eine für Laien recht komplexe Rechengrundlage. Die Faktoren, die benötigt werden, um mit Hilfe des Verfahrens einen Immobilienwert bestimmen zu können, sollen daher an dieser Stelle kurz zusammengefasst werden.
Faktor 1: Der Bodenwert im Ertragswertverfahren
Im Ertragswertverfahren wird der Wert des Grundstücks, auf dem eine Kapitalanlage steht, als konstant verzinst betrachtet. Nachdem der dynamische Gebäudeertragswert errechnet ist, werden die beiden Werte im Ertragswertverfahren addiert.
Der Bodenwert selbst errechnet sich dabei näherungsweise durch die Formel: Bodenrichtwert x Größe des Grundstücks.
Faktor 2: Der Liegenschaftszins als Grundlage des Ertragswertverfahrens
Eine weitere Größe, die zur Errechnung des Ertragswerts benötigt wird, ist der Liegenschaftszins. Er stellt die marktübliche Verzinsung des Grundstücks dar. Das Gebäude wird auch an dieser Stelle nicht berücksichtigt, da es im Sinne des Ertragswertverfahrens über die Zeit an Wert verliert. Dies wird an der Restnutzungsdauer deutlich.
Ein ungefährer Richtwert für den Liegenschaftszins für Ertragswertverfahren liegt bei 5 %. Multipliziert man den Bodenwert mit dem Liegenschaftszins erhält man die Bodenwertverzinsung.
Faktor 3: Der Ertrag im Ertragswertverfahren
Da sich die Immobilienwertermittlung im Ertragswertverfahren vor allem an Anleger wendet, ist der Gebäudewert maßgeblich von Einnahmen bestimmt. Diese werden pro Jahr angegeben. Zur Darstellung wird die Formel Rohertrag – Bewirtschaftungskosten = Reinertrag genutzt.
Der Rohertrag stellt die durchschnittliche Miete bei Vollvermietung dar. Das heißt, dass eine potentielle Miete verwendet wird, die unabhängig von Leerstand errechnet wird. Leerstand bleibt damit im Ertragswertverfahren ein Risikofaktor für den Immobilieneigentümer. Die passende Miete pro Quadratmeter kann dem örtlichen Mietspiegel entnommen werden.
Die Bewirtschaftungskosten beinhalten alle Nebenkosten, die vom Eigentümer für das Objekt gezahlt werden müssen, aber nicht auf den Mieter umgelegt werden können. Beispielsweise Verwaltungskosten, Instandhaltung und Betriebskosten. Im Ertragswertverfahren werden diese Kosten vom Rohertrag abgezogen, um den Reinertrag zu bilden.
Faktor 4: Die Restnutzungsdauer im Ertragswertverfahren
Für das Ertragswertverfahren wird der Gebäudewert vom Bodenwert getrennt betrachtet, da das Gebäude über die Zeit an Wert verliert. Um bestimmen zu können, wann ein Gebäude abgeschrieben, also rechnerisch wertlos, ist, wird die Restnutzungsdauer verwendet. Im Allgemeinen ist ein Haus nach rund 80 Jahren abgenutzt.
Im Ertragswertverfahren wird die Restnutzungsdauer mit dem Liegenschaftszins verrechnet und ergibt den Vervielfältiger. Die ImmoWertV hat zur Errechnung des Vervielfältigers folgende Formel aufgestellt:
V = (q^n-1) / (q^n x i)
Wobei V für den Vervielfältiger steht, n für die Restnutzungsdauer und i für den Liegenschaftszins. Als Service wurde zudem eine Tabelle zum Ablesen des passenden Vervielfältigers bereitgestellt, die hier verlinkt ist. Das Ertragswertverfahren kann an dieser Stelle also auch ohne Taschenrechner durchgeführt werden.
Faktor 5: Der Gebäudezustand im Ertragswertverfahren
Im Ertragswertverfahren kommt es vor Allem darauf an, welche Einnahmen ein Anleger über die Restnutzungsdauer der Immobilie verbuchen kann. Damit die Restnutzungsdauer jedoch eingehalten oder auch überschritten werden kann, müssen Instandhaltungen durchgeführt werden. Eine kaputte Heizung muss ersetzt werden, oder das Dach repariert.
Kommt ein Gutachter zur Durchführung eines Ertragswertverfahrens zu einem vor-Ort-Termin, wird er daher nicht nur Formeln anwenden, sondern auch den Gebäudezustand berücksichtigen. Hierbei geht es um wertmindernde, oder auch werterhöhende Aspekte. Ein erneuertes Dach erhöht die Restnutzungsdauer und damit den Ertragswert, ein reparaturbedürftiges Dach hingegen senkt den Ertragswert, da Vorleistungen für Reparaturen anfallen.
Mit Information über diese Faktoren können Ihnen die Immobilienexperten von Maklaro kostenlos und unverbindlich Auskunft über den Wert Ihrer Immobilie im Ertragswertverfahren mitteilen.
Wie bewerte ich im Ertragswertverfahren? – Eine Formelsammlung
Die entscheidenden Faktoren werden im Ertragswertverfahren rechnerisch in ein Verhältnis gesetzt. Wie die einzelnen Rechenschritte dabei aussehen, ist in dieser kleinen Formelsammlung dargestellt.
Bodenwert = Bodenrichtwert (€) x Grundstücksfläche (m²)
Bodenwertverzinsung = Bodenwert (€/m²) x Liegenschaftszins (%)
Vervielfältiger = (q^n-1) / (q^n x i)
Rohertrag (p.a.) = Wohnfläche (m²) x Vergleichsmiete (€) x 12 Monate
Reinertrag (p.a.) = Rohertrag – Bewirtschaftungskosten (€)
Gebäudereinertrag (p.a.) = Reinertrag – Bodenwertverzinsung
Gebäudeertragswert = Gebäudereinertrag x Vervielfältiger
Vorläufiger Ertragswert = Gebäudeertragswert + Bodenwert
Endgültiger Ertragswert = Vorläufiger Ertragswert + Gebäudezustand*
*Der Gebäudezustand kann zu Wertsteigerungen, aber auch zu Wertabnahmen führen. Zur Bestimmung dieses Wertes ist die Einschätzung eines Gutachters vor Ort gefragt.
Ein Beispiel für das Ertragswertverfahren
Im Folgenden werden wir ein rechnerisches Beispiel für das Ertragswertverfahren durchführen. Dazu ist eine Reihe von Vorannahmen notwendig. Wir gehen von folgendem aus:
Bodenrichtwert: 500 €
Grundstücksfläche: 500 m²
Liegenschaftszins: 5 %
Wohnfläche: 250 m²
Vergleichsmiete: 6,00 €
Bewirtschaftungskosten: 4.000 €/Jahr
Restnutzungsdauer: 60 Jahre
Bodenwert: 500 € x 500 m² = 250.000 €
Bodenwertzins: 250.000 x 0,05 = 12.500 €
Vervielfältiger (nach Vervielfältiger-Tabelle): 18,93
Rohertrag: 250 m² x 6,00 € x 12 = 18.000 €
Reinertrag: 18.000 € - 4.000 € = 14.000 €
Gebäudereinertag: 14.000 € - 12.500 € = 1.500 €
Gebäudeertragswert: 1.500 € x 18,93 = 28.395 €
Vorläufiger Ertragswert: 28.395 € + 250.000 € = 278.395 €
Endgültiger Ertragswert: mit Gutachter vor Ort zu bestimmen.
Wie Sie sehen ist es auch mit statistischen Methoden und Ist-Angaben zur Immobilie möglich den Ertragswert näherungsweise zu bestimmen. Lediglich in dem Moment, in dem der bauliche Zustand für das Objekt geprüft werden muss, ist ein Gutachter vor Ort dringend notwendig.
Bei einer kostenlosen Wertermittlung durch die Maklaro-Experten können wir Ihnen entsprechend Auskunft über Ihren Immobilienwert im Ertragswertverfahren geben – kostenlos und unverbindlich.
Das Ertragswertverfahren, Ihre Kapitalanlage und Wir
Ertragswertverfahren werden in der Regel in zwei Situationen benötigt. Einerseits wird es angewandt um den Marktwert (auch Verkehrswert) einer vermieteten Immobilie für Vermögensauseinandersetzungen zu bestimmen. Andererseits wird es zur Bestimmung eines Angebotspreises beim Immobilienverkauf von Zinshäusern und vermieteten Wohnungen eingesetzt.
Interessieren Sie sich auf Grund einer Vermögensauseinandersetzung (Scheidung, Erbschaft, Kreditaufnahme) im juristischen Sinne für den Ertragswert, sollten Sie sich an einen Verkehrswert-Gutachter wenden. Er erstellt ein Gutachten für Sie, das auch vor Gericht bestand hat. Dies ist allerdings kostenpflichtig.
Wollen Sie Ihre Wertanlage hingegen veräußern, können Sie sich an die Immobilien-Experten von Maklaro wenden. Sie werden Ihnen kostenlos und unverbindlich eine Werteinschätzung auf Grundlage des Ertragswertverfahrens erstellen. Und wenn Sie anschließend verkaufen möchten, wird ein Sachverständiger vor Ort alle Informationen für einen endgültigen Ertragswert aufnehmen.
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Autor: Tom Kaufhold